Mittlerweile ist es schon wieder ein Monat her, dass wir auf unserer Deutschlandrunde den Rückweg von Norden nach Süden eingeschlagen haben und in den vergangenen 7 Tagen haben wir bei einem Zwischenstopp daheim ein paar Termine wahrgenommen, am Equipment gefeilt und unsere Hintern gepflegt.
Es ist dann doch erstaunlich, wie schnell immer noch die Zeit vergeht und wie ausgefüllt unsere Tage sind, so dass das regelmäßige „posten“ es noch nicht in unsere Routine geschafft hat (mal sehen, ob wir es von nun an schaffen, öfters zu berichten…). Vielleicht liegt das aber auch daran, dass wir in den letzten Wochen die Pausetage mit Familie und Freunden verbracht haben? Und dann erscheint einem das eigene Lande vielleicht auch zu wenig spektakulär, um groß darüber zu berichten? Absurd eigentlich, denn Deutschland ist wirklich schön und wir habe in den letzten 7 Wochen ja nur einen Bruchteil davon gesehen!
Die zweite Hälfte unserer Tour durch Deutschland führte uns von Cuxhaven aus an der Elbe entlang Richtung Hamburg und dann durch das Alte Land in die Lüneburger Heide – vor allem für Meike, die dort noch nie war, ein absolutes Highlight der ganze bisherigen Tour, deswegen unten ganz viele schöne Bilder. Die Heide blühte zu unserem Glück in diesem Jahr etwas früher als gewöhnlich und war einfach atemberaubend.
Dann ging es weiter am Elbe-Seitenkanal bis Wolfsburg, wobei uns Komoot (eigenmächtig, aber vermutlich in weiser Voraussicht) nicht stur auf dem schnurgeraden Damm langgeführt hat, sondern in mehreren Schleifen immer wieder rechts und links des Kanals durch Dörfer und wechselnde Landschaften: Kilometer vs Tunnelblick. In Wolfsburg haben wir den ICE nach Berlin genommen und durften, wer hätte es gedacht, feststellen, dass die Möglichkeit der Radmitnahme in einem ICE allein noch lange nicht bedeutet, dass man problemlos mit Rad und Gepäck in den Zug rein und wieder raus kommt. Wieso auch sollten Fahrradabteile der deutschen „Premium“-Fernzüge breite Türen haben, so dass man auch mit Gepäck am Rad eine Chance hätte einzusteigen? Mal ganz abgesehen von den Stufen in den Wagon und den manchmal zu kleinen Fahrstühlen in den Bahnhöfen.
Berlin haben wir dann schnell wieder verlassen: zu laut, zu hektisch, zu aggressiv. Am Schwielowsee bei Potsdam (die in Vergleich zu Berlin aus unserer Sicht viel schönere und lebenswertere Stadt) haben wir eine Woche mit Thomas Familie auf dem Campingplatz Himmelreich verbracht.
Danach ging es einmal quer durch den Harz, reichlich Höhenmeter und apokalyptisch wirkende Baumfriedhöfe inklusive. Grüner als der Harz, noch einsamer, und nicht weniger hügelig empfingen uns die Wälder der Solling-Vogler-Region im Weserbergland. Ab Höxter fuhren wir dann die Weser rauf und dann weiter an der Fulda.
In Fuldatal haben wir eine kurze Stopp bei Rohloff eingelegt, um unsere Räder vorzuführen und uns die diesjährigen Messehighlights anzuschauen. Neben wirklich schöner Landschaft und netter kleiner Städtchen mit viel Fachwerk, hielt der Fuldaradweg dann noch einen weiteren Höhepunkt für uns bereit: die anscheinend einzige handbetriebene (Fahrrad)Seilbahn.
Über und zwischen Röhn und Spessart kamen wir dann zum Main, den wir aber schon in Wertheim wieder verlassen haben, um ein kurzes Stück entlang der Tauber und dann durch den Odenwald – mit Stopp bei Cousin Till mit Familie – Richtung Neckar weiterzufahren. Ein schöner Grillabend bei Meikes Bruder Benjamin in Stuttgart war der letzten Stopp, bevor es dann durch unseren Hauswald, den Schönbuch nach Hause ging.
Unser Fazit nach 7 Wochen Deutschland: Wir haben jeden einzelnen Tag genossen und das breite Grinsen vom Tag der Abfahrt nie ganz verloren, trotz Gegenwind und manchmal kapriziösem Wetter, rücksichtslosen Autofahrern, permanent roten Ampeln, lauten Campingnachbarn und unübersichtlichen Supermärkten. Wir würden es wieder tun und warten ungeduldig auf die Weiterfahrt. Jetzt in der Urlaubszeit war es uns tendenziell zu voll im ja eher dicht besiedelten Deutschland, wobei wir uns ja vielfach an die gut ausgebauten Flussradwege gehalten haben und damit auf eher touristischen Routen unterwegs waren und somit selber schuld sind. Deutschland bietet viele schöne Landstriche, einige durften wir kurz erkunden und kommen gerne wieder, andere stehen noch auf der to-do-Liste. Auch konnten wir nicht alle Verwandten, Freunde und Kollegen besuchen, die wir gerne besucht hätten. Wir freuen uns also schon jetzt auf die nächste Deutschlandquerung im kommenden Frühjahr, wenn wir uns nach Skandinavien aufmachen.
Dann wird Deutschland auch mehr zu einem richtigen Teil unseres großen Abenteuers. Dadurch dass wir inmitten der Urlaubszeit losgefahren sind und wussten, dass wir nach 6-8 Wochen nochmal nach Hause kommen, bevor wir uns für ein gutes halbes Jahr in den Süden aufmachen, wurde diese Deutschlandtour für uns irgendwie nicht Teil der Reise sondern eine kleine Reise vor der großen. Im eigenen Land bewegt man sich halt auch immer in gewohnten Strukturen, findet sich leicht zurecht, fühlt sich automatisch sicherer. Keine nennenswerten Sprachbarrieren, überschaubare kulturelle Unterschiede und sogar die erste Panne lässt noch auf sich warten. Ein guter Einstieg in jedem Fall, aber jetzt wollen wir mehr!
Deswegen sind wir jetzt auch mindestens genauso aufgeregt wie vor 8 Wochen, als wir unser Packtaschen zu ersten Mal an unsere Reiseräder gehängt haben und Richtung Schwarzwald gestartet sind. Jetzt beginnt das Abenteuer wirklich: viele ganz neue Landstriche in Frankreich, Spanien und Portugal erwarten uns, einige Regionen, in denen wir (zum Teil vor Jahren) schon mal waren, möchten wir genauer erkunden oder wiederentdecken. Wir freuen uns auf mehr Unvorhersehbares und weniger Menschen und vor allem weniger andere Urlauber mit denen wir unser Glück teilen müssen ;-). 7 Monate unterwegs ohne die Möglichkeit zwischendurch bei Verwandten oder Freunden das Gästezimmer zu entern. Weniger Komfortzone, einfachere Campingplätze und wild Zelten, mehr Deck, andere Autofahrer, noch unübersichtlichere Supermärkte, …. Übermorgen geht es los: Neckar aufwärts Richtung Bodensee/Südschwarzwald, dann entlang des Rheins nach Mühlhausen und damit über die Grenze nach Frankreich. Dann folgen wir voraussichtlich dem Eurovelo 6 durch Burgund und dann weiter entlang der Loire Richtung Atlantik. Ganz grob soll es dann an der Atlantikküste weiter Richtung Süden gehen, so dass wir Galizien noch erreichen, bevor es zu herbstlich wird. Dann sehen wir weiter, welche Regionen Portugals und Spaniens wir im Winter erkunden wollen. Für den Weg zurück bietet sich dann die Mittelmeerküste an, mal sehen. Erst im April wollen wir wieder daheim sein für einen 2-4 wöchigen Stopp, bevor es dann ans Nordkap gehen soll. Diese Perspektive sorgt für ein sehr wohlig warmes, kribbelndes Gefühl im Bauch und das Honigkuchenpferdegrinsen ist mindestens so breit wie vor 8 Wochen.