Auf Regen folgt bekanntlich Sonnenschein und auf schlechte Tage, gute. Und tatsächlich hatten die letzten Etappen von Spanien nach Frankreich noch ein paar schöne Überraschungen für uns (und das nicht nur, weil wir unsere Erwartungen schon entsprechend niedrig angesetzt hatten und auf das schlimmste gefasst waren) und wir konnten die letzten Tage auf der iberischen Halbinsel durchaus genießen!
Die Stecke von Valencia bis Tarragona war insgesamt überraschend gut zu fahren, der Eurovelo 8 führte weitgehend nicht direkt an der Nationalstraße und war teilweise wirklich schön. Besonders gut gefallen hat uns der Naturpark la Serra d’Irta, ein echtes kleines Landschaftsjuwel an der sonst so stark bebauten und bewirtschafteten Küste. Und auch das Ebro-Delta bietet noch etwas Naturerlebnis zwischen den Ferienorten, Gemüsefeldern und Obstplantagen.
Sehr angetan waren wir außerdem von Tarragona. Da die wenigen offenen Campingplätze auf dem Weg nach Barcelona 35,- und mehr Euro pro Nacht gekostet hätten und einfache aber gemütliche Ferienwohnungen und Zimmer in Hostals bereits für 50,- Euro zu bekommen waren, hatten wir uns in Tarragona nämlich Mitten in der Altstadt eingemietet, nur einen Steinwurf von der Kathedrale entfernt. Der abendliche Spaziergang durch das historische Viertel führte uns zu mehreren Ausgrabungsstätten, an denen das römischen Tarraco sichtbar wird. Gleichzeitig wirkte die Stadt jung und lebendig und es herrschte eine sehr angenehme Stimmung in den Gassen mit einladenden Geschäften, Cafés, Bars und Restaurants.
Die beiden Etappe von Tarragona nach Barcelona und von da bis zum Ferienort Blanes waren dann leider so gruselig wie befürchtet: vor allem der zeitraubende und nervenaufreibende Stadtverkehr von Barcelona war anstrengend; aber auch die Kilometer auf der stark befahrenen Nationalstraße, die an der hügeligen bis steilen Küste vor Barcelona teilweise so eng ist, dass es keinen Seitenstreifen gibt. Zum Glück haben die meisten Spanier ein Herz für Radfahrer und erweisen sich diesen gegenüber auf solchen Strecken mehrheitlich als geduldige und rücksichtsvolle Autofahrer. Zwischen Barcelona und Blanes gab es dann zwar wieder mehr Radweg, was die Strecke durch die ganzen seelenlosen Ferienorte aber auch nicht retten konnte 😉.
Positiv überraschte uns dann der Campingplatz von Blanes: ein günstiger Zelter-Tarif (nur gültig, wenn man ohne Auto anreist), fester Sandboden statt Schotter, eine Fahrrad-Reparatur-Station und super nette Nachbarn, die uns zum Frühstück mit Kaffee verwöhnten. Müssen wir erwähnen, dass sich das aufmerksame Paar mit seinem winzig kleinen Eriba-Wohnanhänger, mit dem es jeden Winter zwei Monate lang an der Costa Blanca unterwegs ist, jeweils für 2-3 Wochen an einem Standort, sich selbst auch eher in die Kategorie „Camper der aussterbenden Art“ einordnet? Aliens unter sich 😂.
Dann hieß es Adiós (spanisches) Mittelmeer, denn die letzten beiden Etappen nach Frankreich führten im Inland über Girona – kurz waren wir versucht in der bei Radsportlern sehr beliebten Stadt einen Pausetag einzulegen -, Figueres und den Grenzort le Perthus nach Villelongue-dels-Monts, 20km südlich von Perpignan.
Hier genießen wir seit drei Tagen die Ferienwohnung von Meikes Eltern und die Ruhe in der kleinen Gemeinde in den Ausläufern der Albères, dem östlichsten Bergmassiv der Pyrenäen. Das südwestlichste Stück der französischen Mittelmeerküste, die steile, zerklüftete Côte Vermeille, ist weniger stark touristisch geprägt als die nördlich anschließenden, flacheren Küstenabschnitte. Abgesehen davon, ist hier im Winter eh wenig los und 10km vom Meer entfernt sowie. Wir erholen uns, entspannen unsere Muskeln und Gelenke, lassen die Gedanken schweifen und surfen durchs Internet auf der Suche nach neuer Ausrüstung (nach über einem halben Jahr Dauereinsatz muss demnächst schon so einiges ersetzt werden, vor allem im Klamottenbereich, und nicht jedes Teil hat sich bewährt), Radreisezielen und -routen. Wir werden wohl noch 5-7 Tage bleiben, noch mehr faulenzen, ein paar Spaziergänge oder kleine Wanderungen unternehmen, unser Equipment auf Vordermann bringen, vielleicht nochmal was bloggen und unsere Heimreise planen:
Eigentlich wollten wir erst Ende März in Tübingen sein. Jetzt geht es vermutlich schneller. Wenn das Wetter es zulässt und es genügend offene Campingplätze gibt, möchten wir radeln: auf dem Eurovelo 8 am Mittelmeer entlang bis Montpellier und Avignon und weiter auf dem Eurovelo 17 bzw. Rhône-Radweg bis Lyon. Von dort würden sich schöne Routen durch die Schweiz oder das französische Jura anbieten, beide Optionen sind aber nicht wintertauglich. Deshalb geht es von da aus wohl eher weiter nördlich entlang der Saône. In Chalon-sur-Saône würden wir so auf unsere Route vom September stoßen, als wir Frankreich entlang Rhein-Rhône-Kanal, Doubs, Saône und Loire von Ost (Mulhouse) nach West (Nantes) durchquerten. Insofern werden wir wohl spätestens dort in den Zug steigen. Vielleicht passiert das aber schon viel früher: wenn es uns zu kalt und/oder nass wird, werden wir uns nicht quälen, sondern lieber etwas früher heim kommen und mehr Zeit mit Familie, Freunden und in den eigenen vier Wänden verbringen. Wenn wir dann außerdem diverse organisatorische Dinge und Termine hinter uns gebracht haben (irgendwie geht das „normale Leben“ ja trotz Reise weiter und um Steuererklärung und so manchen Arztbesuch kommt man nur schlecht rum) wollen wir Anfang Mai Richtung Nordkap aufbrechen.