Grüße vom Planeten Hoya de Guadix
Grüße vom Planeten Hoya de Guadix

Grüße vom Planeten Hoya de Guadix

Neudeutsch sagt man wohl „geflasht“: wir sind einfach nur total überwältigt, tief beeindruckt und unglaublich fasziniert von der Landschaft, die wir in der zurückliegenden Weihnachtswoche erkunden durften. Sowohl der kleine Ort Purullena, den wir uns für unsere „Pausewoche“ ausgesucht haben, wie auch die Stadt Guadix und das gesamte Umland, die 500 Quadratkilometer große Ebene (oder besser Senke bzw. Becken) Hoya de Guadix, sind bekannt für ihre Höhlenwohnungen und die sogenannten Badlands (spanisch eigentlich: tierras baldías o malas, nur dass sich auch hierzulande der Anglizismus weitgehend durchgesetzt hat). 

Die Wüste Gorafe ist der absolute Inbegriff der Badlands in der Provinz Granada bzw. der Hoya de Guadix, obwohl man die steilen, zerklüfteten Hänge mit ihren tiefen Erosionsrinnen und die dazwischen liegenden Schluchten überall entdecken kann und wir für eine Woche mittendrin gewohnt haben. Purullena selbst hat viele Höhlenwohnungen und grenzt direkt an beeindruckende Badlands.

Keine Frage: unsere Radtour durch die  Gorafe Wüste waren das absolute Highlight unsere bisherigen Reise, auch wenn wir schon wirklich viele beeindruckende Landschaften erleben und erkunden durften (wie oft haben wir vom Naturpark Südwest-Alentejo und der Costa Vicentina geschwärmt oder auch von der Lüneburger Heide) und uns unsere Wanderung durch die Badlands von Purullena und die Schlucht von Marchal fast ebenso nachhaltig beeindruckt hat.
Auf unserer Radrunde durch die Badlands haben wir uns einfach nur der Faszination dieser unwirklichen, spektakulär schönen Landschaft mit ihren unterschiedlichen Formen und Farben hingegeben. Mal fühlt man sich wie auf einem anderen Planeten, mal wie zwischen den Wänden einer Tropfsteinhöhle, nur dass die faszinierenden Gesteinsformationen hier nicht durch Ablagerung, sondern das Gegenteil, den Abtrag von Material entstehen und die Wände mal gelb, mal rosa, mal rostrot, mal braun oder auch grau erscheinen.
Die Wanderung zwei Tage danach gab uns dann die Möglichkeit, diese faszinierenden Sedimentsteingebilde noch genauer zu betrachten und mehr über ihre Entstehung zu erfahren. Steckenweise ging das mit einigem Kribbeln im Bauch einher, da der Wanderweg nicht nur durch die Schluchten sondern auch oben auf den Klippen (und zwar für unser Empfinden zu dicht am Abgrund) führte und die Erosionsschäden an den steilen und zum Teil senkrechten bis überhängenden Hängen und damit die Gefahr, die hier von der Natur ausgehen kann, überall sichtbar waren. Kein fester, vertrauensvoller Fels, sondern ein mehr oder weniger bröckeliges Schichtgestein, zusammengebacken aus Gesteinsablagerungen unterschiedlicher Korngröße. Schon mal im Sandkasten einen vermeintlich stabilen Tunnel gegraben und anschließend geflutet? Meike hat da dank ihrer Neffen einige Erfahrung… Jedenfalls fühlten wir uns nicht immer ganz wohl und den Elementen recht ausgeliefert, auch wenn die Wohnhöhlen in der Gegend ja bereits im 13. Jahrhundert von den Mauren in den weichen Löss und Lehm gegraben wurden und die Erosion in Summe dann anscheinend doch eher langsam voranschreitet. Sonst wäre ja alles schon weg… ;-). Und den Steinböcken, die wir – welch unglaubliches Glück – auf unsere Wanderung beobachten durften, scheint der Untergrund auch trittfest genug. 
Einen Eindruck vom Leben in den Höhlenwohnungen erhielten wir im übrigen bei unserem Ausflug in das Viertel Barrio de Cuevas von Guadix.
Ansonsten haben wir entspannte Tage in unserer Ferienwohnung verbracht und die kleine Auszeit vom täglichen Reisen und Zelten sehr genossen.

Wen das mit den Badlands genauer interessiert, hier ein Versuch unser gesammeltes Wissen von den Geoparque de Granada Informationstafeln und aus dem Internet zusammenzufassen, bevor es dann ganz viel zu gucken gibt:
Gemeinsam mit der östlich liegenden Hoya de Baza bildet die Hoya de Guadix ein heute auf 550 bis zu 1.000m liegendes Becken umgeben von einigen der höchsten Berge bzw. Bergketten der iberischen Halbinsel –  der Sierra Nevada im Süden, der Sierra de Baza im Osten, der Sierra Mágina im Norden und der Sierra Arana im Westen. Im Verlauf der letzten 8 Millionen Jahre sammelte sich durch die zahlreichen Flüsse aus diesen umliegenden Gebirgen immer mehr Sedimentgestein in dem Becken bzw. einem großen See, denn einen Abfluss zum Meer gab es nicht. Dieser entstand erst vor 100.000 Jahren über den Fluss Guadiana Menor in das Guadalquivir-Tal. So wurde die Senke entwässert, die in Schichten abgelagerten unterschiedlichen Sedimente – Ton, Schluff, Sand, Kies – verfestigte sich und das Flusssystem formte und hinterließ die sogenannten Badlands, die bis heute permanent durch Wind- und Wassererosion weiter geformt und stetig verändert werden. Die Böden sind offen, locker und trocken, die porösen Gesteine verwittern leicht. Regenfälle sind zwar selten, fallen dann aber sehr heftig aus und zeichnen die Landschaft. So ziehen sich tiefe Erosionsrinnen steile Hänge hinab und die bis zu 250m tiefen Schluchten zwischen den Gesteinsklippen werden immer breiter. Als schlechtes Land werden solche zerklüfteten, trockenen Gelände bezeichnet, weil sie schwer zugänglich und kaum zu bewirtschaften sind. Es ist eine unwirtliche Landschaft geprägt nicht nur durch die außergewöhnlichen Gebilde und Reliefs, die die Erosion hervorbringt, sondern auch durch die unterschiedlichen Farben der steilen Hänge und einzelner Gesteinsschichten, jeweils abhängig von den vorherrschenden Mineralien und organischen Materialien. Auffallend und typisch ist auch, dass nur die Südhänge von Erosion stark gezeichnet sind und dabei praktisch kahl, während die Nordhänge durch den Bewuchs mit Halfagras oder Espartogras (Stipa tenacissima) vor Erosion geschützt sind.
Interessant ist das Guadix-Baza Becken aber nicht nur aus geologischer Sicht, sondern auch paläontologisch und archäologisch. Unter anderem kommt man auf dem Weg nach Gorfe an zahlreichen Gräbern aus der Jungsteinzeit vorbei, andere Fundstätten verweisen auf noch frühere menschliche Siedlungen.

2 Kommentare

  1. Ariane

    Das sieht wirklich sehr beeindruckend aus.

    …Jetzt habe ich auch endlich gecheckt, dass man bei Euren Fotokommentaren scrollen kann um den ganzen Text zu lesen, das hilft weiter 🙈…war vorher immer so abgehackt 😅

    1. reisegefaehrten

      Ja, die Technik… Als Nicht-Profi-Freizeit-Blogger und Nicht-Digital-Natives sind wir da vermutlich auch nicht so ganz ideal, benutzerfreundlich und multi-System-kompatibel unterwegs… Und je nach Endgerät und ob man die Bilder im Vollbildmodus anschaut oder nicht, stehen die Bildunterschriften an unterschiedlichen Stellen und sind vollständig zu lesen oder auch nicht…

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