¡Hola Espagna y Buen Camino!
¡Hola Espagna y Buen Camino!

¡Hola Espagna y Buen Camino!

Als wir vor neun Tagen die Küste verlassen haben, um dem Eurovelo 1 Richtung Pamplona und damit in die Berge Navarras zu folgen, wussten wir nicht so recht, ob das französische Wetter uns ein letztes Mal verhöhnen, oder ob es uns tatsächlich einen versöhnlichen Abschied bereiten wollte: die Sonne strahlte, es war angenehm warm, der Wind wehte nur sanft vom Landesinneren und der Atlantik lag ungewohnt ruhig da (zum Pech der Surfer). Nur noch ein paar Pfützen und die einstündige Zeltputzaktion am Morgen erinnerten uns an das garstige Wetter der letzten Tage und vor allem an den heftigen Sturm der 16 Stunden lang fast ununterbrochen an unserem Zelt zerrte und dessen sintflutartiger Regen uns in selbigem quasi gefangen hielt – selbst den kurzen Weg zu den Toiletten versuchten wir zu vermeiden solange möglich, weil jedes raus und rein Wasser im Zelt bedeutete. Zum Glück waren die ebook-Reader geladen und der Müsliriegel-Vorrat  ausreichend groß, so dass wir den Abend und die Nacht gut überstanden. 

Nein, die Stirnlampe die da hängt, haben wir nicht angeschuckt, das war der Sturm…

Der Sturm war dann auch der „krönende“ Abschluss unserer nassen Frankreich-Atlantikküsten-Odysse. Die vier Etappen von Carcans bis Saint-Jean-de-Luz waren wettertechnisch mal wieder gut durchwachsen… Alles in allem hat es Frankreich nicht so gut mit uns gemeint und so setzten wir unsere Hoffnungen in Spanien und zwar nicht in das España Verde – das regenreiche Galizien ersparen wir uns – sondern in die kastilische Hochebene. 

Also: au revoir Frankreich, au revoir Atlantik! Vamos a Castillia y Léon!

Versöhnlich verabschiedete Saint-Jean-de-Luz uns mit echter maritimer, südeuropäischer Lebensart, wie sie uns in den letzten Tagen eher noch nicht begegnet war: geschäftiges Treiben auf dem Markt, volle Straßencafés und Bars, in denen Einheimische zusammensitzen und den neusten Tratsch austauschen. Eben nicht die vom Regen leer gefegten Dörfer und Städtchen, die wir passiert haben, oder die zu der Jahreszeit sowieso verwaisten Touristenhochburgen an der Küste.

Auch die veränderte Architektur und die jetzt zweisprachigen Straßenschilder ließen uns neben dem heiteren, südländischen Staßen-Trubel merken dass wir im Baskenland angekommen waren. 

Und dann begrüßte uns Spanien auch schon mit toller Landschaft (Berge!!!) und etwas Abenteuer – zahlreiche Tunnel und ein umgestürzter Baum als kleine Erinnerung an den Sturm, der auch in Spanien gewütet hat – und Abends auf dem Campingplatz angekommen waren wir zufrieden und glücklich wie lange nicht: so haben wir uns das vorgestellt. Sogar den steilen Anstieg zum Campingplatz mit locker 20% Steigung konnten wir zum Abschluss des Tages irgendwie genießen. 

Unser zweiter Tag in Spanien führte uns auf den bislang höchsten Punkt unserer Reise: den Belarte Pass auf 847m, fast 1.000 Höhenmeter durften wir auf den gut 50 Kilometern zwischen Sumbilla und Pamplona überwinden. Ob die Berge hier noch zu den Pyrenäen gehören oder schon zum kantabrischen Gebirge konnten wir nicht so recht herausfinden. Schön sind die allemal! Etwas schade: weil die Haupt-Nationalstraße nach Pamplona gesperrt war, quälte sich der Auto- und LKW-Verkehr mit uns gemeinsam über die alte Bergstraße… aber spanische Autofahrer sind meist etwas rücksichtsvoller als die französischen und halten meistens etwas mehr Abstand, so dass es erträglich war (wobei spanische Lastwagenfahrer einfach geisteskrank sind und völlig ignorieren welche Sogwirkung ihr Gespann auf Radfahrer ausübt, wenn sie mit 50cm Abstand vorbeirauschen).

Es folgten weitere Tage voller Hügel und Berge, Sonne und neu: Pilger – denn ab Pamplona folgt der Eurovelo 1 weitgehend dem Camino. ¡Buen Camino! – Wir genossen die herrliche Landschaft und die physisch anstrengenden Etappen mit zwischen 600 und 1.100 Höhenmetern, unser höchster Pass lag bei 1.150m und da oben war es merklich herbstlich frisch. Auf den groben Schotter- oder teilweise auch sandigen oder lehmigen Wegen des Camino erfordern die Kilometer und Höhenmeter ganz schön Kraft, dafür bleibt einem der Auto- und LKW-Verkehr erspart und es macht einfach viel mehr Spaß offroad unterwegs zu sein! Ein gutes Gefühl! Vor allem weil der Kopf endlich Pause hatte! Kein Regen-Stress, der aufs Gemüt schlägt, sondern Sonne im Gesicht und Zeit das Radfahren durch die Weinberge Navarras und Riojas und mit Äckern bestellte Hügel zu genießen. Enge Gassen führten uns durch kleine Städte mit gut besuchten Cafés und Tapas-Bars. Wir passierten beeindruckende Kirchen, Klöster, Brücken und andere historische Bauten: das Land, das wie durchqueren erleben, statt es eben nur zu durchqueren und ans vorankommen zu denken. Und auch wenn wir entgegen der Annahme der uns mit „buen camino“ grüßenden Einheimischen und Pilgern nicht auf dem Jakobsweg mit Ziel Santiago de Compostela unterwegs sind, so trifft der freundliche Gruss eben auch auf uns zu: wir sind auf unserem Camino unterwegs, kommen zu Ruhe, genießen das Treiben lassen der Gedanken, versuchen uns auf das Wesentliche zu besinnen. 

Der letzte Tag Richtung Burgos war dann noch mal anstrengend: Dauerregen der kräftigen Art und entsprechend matschige Feldwege oder alternativ volle Straßen mit gnadenlosen LKW-Fahrern. Reisen ist eben kein Urlaub, sondern immer wieder auch Arbeit. 

Und jetzt sitzen wir seit vorgestern Abend hier auf dem wenig schönen Campingplatz in Burgos bei eher niedrigen Temperaturen und warten ungeduldig auf unser Paket von der Biwakschachtel mit unserem neuen  Tunnelzelt und ein paar anderen Dingen, die wir hier nur schwer bekommen: Radschuhe für Meike und ein neues Kissen sowie vernünftige Ersatzschläuche falls der Plattenteufel uns weiter heimsucht. Eigentlich hatten wir gehofft, heute sei „unboxing“ angesagt, aber jetzt müssen wir unseren Aufenthalt verlängern. Laut Tracking kommt das Paket erst am Dienstag. Wir hoffen sehr, dass das so stimmt! 

Derweil vertreiben wir uns die Zeit mit Materialwartung und der Gleichen: Kette spannen, Reifenwechsel, Nähen von Überschuhen, Radhosen etc., Haare schneiden, … dank Aufenthaltsraum müssen wir auch nicht den ganze Tag draußen frieren. Und morgen sind wir mal ganz als Touristen unterwegs, schauen uns Burgos an und sehen, was die Museen so hergeben. Interessant ist auf jeden Fall das Museo de la Evolución Humana mit den paläontologischen Funden von Atapuerca.

2 Kommentare

    1. reisegefaehrten

      Danke! Wir sind ganz froh, dass wir seither keine Fortsetzung drehen konnten 😉 stürmisch war es zwar noch 2-3 mal und wir hatten auch nochmal Starkregen, aber so krass war es seither nicht mehr. Ganz liebe Grüße nach KA und viel Erfolg bei den Wahlvorbereitungen!!!

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