Välkommen tillbaka! 
Välkommen tillbaka! 

Välkommen tillbaka! 

Seit gut zwei Wochen sind wir jetzt schon wieder daheim! Es fühlt sich eher an, wie zwei Monate, so schnell sind wir zurück im Alltag mit Küche, Bad und Bett angekommen. Einkaufen, Wäsche waschen, Equipment verstauen, Familie und Freunde treffen, … die Tage zu füllen ist nicht schwer. So fällt die Rückkehr insgesamt doch leichter als befürchtet. Wohl auch weil die letzten Wochen auf dem Rad von einer gewissen Ermüdung gekennzeichneten waren: die zurückliegenden 14 Monate haben deutliche Spuren in Geist, Körper und Material hinterlassen. Unsere Köpfe waren zunehmend voll von all den Eindrücken. Immer öfter protestierten bei Meike Hintern und Ellbogen und bei Thomas Knie und Handgelenk gegen die vielen Stunden im Sattel. Und schließlich machte der Reißverschluss vom Innenzelt schlapp, die Spannschraube am Sattel von Thomas brach, innerhalb weniger Tage verabschiedeten sich fast all unsere Ziplock-Tüten von uns, nachdem sie monatelang Reis, Nüsse und andere Lebensmittel beieinander hielten, und so manche Klamotte landete verschlissen im Müll. So bedeuteten die letzten Tage zuhause auch Entlastung, Entspannung und Freude am wiedergefunden Komfort. 

Trotzdem herrscht noch Wehmut. Zwar hat Thomas seinen Frieden mit dem Ende der bisherigen Reise geschlossen und würde, auch wenn Meike noch zur Verfügung stünde, jetzt nicht unbedingt im gleichem Stil weiterreisen. Dass ihm jetzt aber einige kürzere Touren ohne Meikes Begleitung bevorstehen, passt ihm immer noch nicht (und er erinnert sie täglich daran). Er hätte einfach noch gerne 1-2 Jahre mit mehreren 4-8 wöchigen gemeinsamen Abenteuern drangehängt. Nur langsam gewöhnt er sich an den Gedanken, ohne Meike unterwegs zu sein, und passt seine Pläne an die neue Situation an. So stürzt er sich gerade fleißig ins Training und bereitet sich auf ein paar Gravel- oder MTB- Rennen vor. 

Bei Meike steigt täglich die Aufregung und die Vorfreude auf den Job beim VSF. Nächste Woche geht es los. Was künftige Outdoor-Aktivitäten anbelangt, vertraut sie darauf, dass die deutlich geringere Stundenzahl im Vergleich zu FahrRadLaden-Zeiten, genug Kurzzeit-Abenteuer ermöglichen wird. Allein was das Umland von Marburg für Möglichkeiten zum graveln, mountainbiken, wandern und paddeln bietet wird für einige Wochenenden reichen. Und einmal pro Jahr warten 4 Wochen Urlaub am Stück!

Wir sind schon wieder so im „normalen“ Leben angekommen, dass die letzten Wochen auf dem Rad schon langsam verblassen. Nicht die Erinnerung an das Wesentliche – die sagenhaften Landschaften, die wir in dem zurückliegenden Jahr  erkundet haben, werden uns ebenso für immer begleiten, wie die tollen Menschen, die wir kennenlernen durften – aber die „Kurzzeit-Erinnerungen“ verwischen: wann/wo war das noch mal? Wie hieß er/sie? Deswegen heisst es jetzt noch schnell den Rückblick auf die letzen 1.200 Kilometer durch Schweden und Dänemark und eine denkwürdige Heimreise mit der Deutschen Bahn festzuhalten, bevor es hier auf diesem Blog wohl erst mal für ein paar Monate deutlich ruhiger zugehen wird: 

In Gävle hieß es Abschied von der Ostsee nehmen, um Schweden einmal von der Ost- an die Westküste zu durchqueren. Unsere Route führte zunächst südwärts Richtung Västerås und von da westwärts über Örebro weiter zwischen den beiden bekannten großen Seen Vänern und Vättern hindurch und dann bei Halmstadt an die Nordseeküste, der wir bis Helsingborg folgten. Weil es zwischen Gävle und Örebro keinen offiziellen Radweg gibt, war diese Strecke nicht immer die schönste und für schwedische Verhältnisse erstaunlich arm an Seen und Wäldern, so dass wir eines Nachts unser Zelt sogar auf einem abgeernteten Feld aufstellen mussten, statt wie sonst an einem herrlichen Badeplatz. In Örebro bescherte und dann die gebrochene Spannschraube an Thomas Sattel einen super Tipp. Etwas entnervt von der Suche nach einer Interims-Schraube machten wir am innerstädtischen Skatepark Halt für einen Kaffee. Der Kioskbesitzer empfahl uns nach kurzem Gespräch über unsere Reise wärmstens den Tivedens-Nationalpark für eine Wanderung. Ein Glück: ohne den Tipp hätte uns Komoot 10 Kilometer neben diesem kleinen Natur-Juwel vorbeigelotst, weil die nationale Radroute, der Sverigeledeneben nicht durch den Park führt, sondern nur eine lokale. Und der kleine Abstecher hat sich sehr gelohnt: In den engen Tälern zwischen großen Felsen, von Gletschern glatt geschliffenen und teilweise von Wasser gespaltenen, wächst einer der wildesten und ursprünglichsten Wälder Schwedens – vor allem in Südschweden gibt es kaum noch Wald, der nicht bewirtschaftet wird. Die schmalen, anspruchsvollen Wanderpfade schlängeln sich durch den hügeligen Urwald zwischen unzähligen Findlinge hindurch und entlang kleiner Seen. Wandern heisst hier kraxeln und in eine Zauberwelt eintauchen: der Wald hat etwas sehr mystisches an sich und wären wir auf unserer Wanderung einem Troll oder einer Fee begegnet, wir hätten uns nicht gewundert. 

Auf unserer weiteren Route Richtung Westen war dann auch die Kulturlandschaft um uns herum wieder mehr nach unserem Geschmack. Die Radwegsführung in Mittel- und Süd-Schweden ist vorbildlich, die Strecken schön, gut ausgebaut und wenig anspruchsvoll. Um Ulriceham und auf dem Ätradalsleden von Fallköping nach Falkenberg fährt man kilometerlang auf ehemaligen Bahndämmen durch eine malerische Landschaft. Nicht spektakulär, aber schön und genau das Richtige, wenn man voran kommen will und das Energielevel zum Ende der Reise hin nicht mehr das höchste ist. Wir genossen die Freiheit unser Zelt Abends einfach an einem der viele schönen Badeplätze oder einem anderen schönen Ort aufzustellen nochmal in vollen Zügen. Mit welchem Selbstverständnis und Freude die Schweden unserer Art ihr Land zu bereisen begegnen, ist einfach schön und wir hatten immer das Gefühl willkommen zu sein. Da wird nicht misstrauisch geguckt, wenn man beim gassigehen Fremde am Badeplatz antrifft, sondern freundlich gefragt, wie es denn geht und darauf hingewiesen, dass die kommende Nacht ziemlich kalt werden soll.  

Und dann waren wir auch schon an der Nordsee angekommen. Bei Helsingborg ging es mit der Fähre rüber nach Dänemark. Die Fahrt durch Kopenhagen, der Vorzeigemetropole in Sachen Radverkehr – gehörte zu den Highlights der letzten Reisewoche und irgendwie ein passender Schlusspunkt und zugleich Startschuss. Als  Herzblut-RadfahrerIn muss man hier einfach mal unterwegs gewesen sein und wenn sich bei der künftigen Arbeitsstelle alles um die Lobbyarbeit für das Fahrrad dreht, sowieso. Die Dichte an Fahrradläden ist unübertroffen, ebenso die Breite der Radwege und die Anzahl an Radfahrern, die sich permanent durch die Stadt bewegen. Kopenhagen beweist, was möglich ist, wenn Menschen und Politik es nur wollen und wagen, und dass eine hervorragende Radverkehrsinfrastruktur keine Frage von Platzangebot oder -Mangel sowie Verkehrs- oder Bevölkerungsdichte ist. Die Stadt ist groß und voller Menschen. Auto-, Rad- und Fußgänger-Verkehr existieren mit- und nebeneinander, gleichberechtigt und scheinbar ohne sich groß in die Quere zu kommen. Denn: alle halten sich an die Regeln! Da die Radwege breit sind und alle ordentlich rechts fahren (und keine gedankenlosen Schlangenlinien oder zu zweit nebeneinander), können schnelle Radler die langsameren mühelos und sicher überholen. Die Autos haben auf ihrer Spur freie Fahrt und der Bürgersteig ist den Fußgängern vorbehalten. Obwohl die Stadt wirklich voll war, wir uns nicht auskannten und uns eine schlängelige Stadtrundfahrt kreuz und quer von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit ausgedacht hatten, war das Radfahren wirklich entspannt, wir konnten im Vorbeifahren die großartige Architektur genießen und während unseren Pausen den Flair der unterschiedlichen Viertel aufnehmen – unter anderem in der Freistadt Christiania, dem bekannten Alternativ-Viertel und Geburtsstadt der gleichnamigen Lastenräder.  

Nach einem inspirierenden aber auch anstrengenden Tag im trubeligen Kopenhagen erreichten wir Abends den am liebevollsten gestalteten Shelterplatz unserer Reise und staunten einmal mehr über das große Engagement, das Gemeinden und Freiwillige der Gestaltung und Pflege dieser grandiosen Übernachtungs-Infrastruktur widmen. Keine viertel Stunde nach unserer Ankunft kam Claus mit einem Kanister Frischwasser vorbei: Er gehört zu den Freiwilligen, die sich um den Platz kümmern und hat uns kommen sehen. Da schaut man doch vorbei auf einen kurzen Plausch und fragt, ob soweit alles in Ordnung ist. In den beiden Holzunterständen gibt es kleine Liegestühle und Tischchen, einen Handfeger, Wandschmuck und sogar Geduldsspiele zum Zeitvertreib, davor einen hervorragenden Grill, Brennholz, Bänke, Tische, eine Wäscheleine und ein sehr sauberes und gemütliches Plumpsklo mit Klopapier und Desinfektionsmittel. Kein Müll liegt rum, alles ist in einwandfreiem Zustand. Und das Ganze in einem kleinen Wäldchen direkt neben dem Sportplatz am Ortsrand, keine 500m zum nächsten Supermarkt. 

Wenn wir uns in Deutschland mit Leuten über die Shelter in Dänemark unterhalten und über das wilde Zelten in Schweden und Norwegen, dann heißt es immer: bei uns wäre sowas nicht möglich, die Plätze wären sofort zugemüllt und würden von feierwütigen oder randalierenden Jugendlichen okkupiert. Das glauben wir nicht, denn nicht jeder Grillplatz im Wald oder Strand an einem Baggersee gleicht einer Müllhalde. Und wieso sollten Übernachtungsgäste mehr Müll hinterlassen oder kaputt machen, als Tagesgäste? Und wenn man den Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, vor der eigenen Haustür kleine Abenteuer zu erleben und dem Alltag zu entfliehen, müssen sie sich vielleicht nicht mehr so oft auf dem Spielplatz zum Bier trinken treffen oder schlimmer noch, zum Feiern nach Malle fliegen. 

Und dann waren es nur noch zwei Tage und Nächte in Dänemark, bevor wir mit der Fähre nach Fehmarn übersetzten. Von dort aus ging es in einem Tag nach Neustadt in Holstein, von wo aus wir mit dem Zug nach Hause gefahren sind. Diese Zugfahrt wird uns wohl auch für immer in Erinnerung bleiben. Schon die Buchung der Tickets war eine Herausforderung: Da es keine ICE-Verbindung gab, bei der eine Fahrradmitnahme möglich gewesen wäre, mussten wir uns eine Alternative mit IC/EC und Regionalbahnen überlegen. Leider ohne vernünftige Hilfe von der Bahn Navigator APP. Denn diese kennt zwar Fahrräder als Reisende und hat auch einen Suchfilter „Fahrradmitnahme möglich“, zeigt dann aber trotzdem noch Verbindungen an, bei denen Fahrräder nicht mitgenommen werden können. Schließlich fand Meike einen IC  von Hannover nach Stuttgart mit freien Fahrradstellplätzen und die Regionalbahnverbindung von Neustadt über Lübeck und Hamburg sah auch machbar aus. Abfahrt entspannt um 10:15, Ankunft in Herrenberg um 21:45, von da aus noch 10 Kilometer auf dem Rad. 4x umsteigen mit üppig bemessenen Umstiegszeiten. Gute Planung hilft aber alles nichts, wenn die Strecke ab Hamburg wegen eines Unfalls plötzlich gesperrt wird; der Schienenersatzverkehr keine Räder mitnimmt und man deswegen im Sprinttempo mit Gepäck 20km bis Lüneburg radeln darf; dort wegen der Streckensperrung totales Chaos herrscht und Menschenmassen Treppen und Aufzüge verstopfen; der Zug dort dann spontan von einem anderem Gleis abfährt; wegen einer technischen Disharmonie kurz darauf eine Vollbremsung hinlegt und die Bordcomputer neu gestartet werden müssen; dann nach einer Pause im Bahnhof Uelzen – es musste erst noch geklärt werden, ob der Zug denn überhaupt bis Hannover fährt oder zurück nach Lüneburg – wartet der Zug über eine halbe Stunde auf den Lockführer, der von seinem Arbeitgeber abbeordert wurde einen anderen Zug, der im Weg stand, auf ein Abstellgleis zu parken und dann dort vergessen wurde. Wo war die versteckte Kamera? Mit drei Stunden Verspätung kamen wir um 18 Uhr in Hannover an. Die einzige Möglichkeit an diesem Tag noch sinnvoll weiter zu kommen: der ICE um 20:41 nach Stuttgart mit Umstieg in Frankfurt, Ankunft kurz vor 01:00 Uhr. Den hätten wir dann aufgrund des Gleiswechsels 2 Minuten vor Einfahrt des Zuges beinahe verpasst – wir standen schon brav im hintersten Abschnitt auf dem Bahnsteig, wo das Fahrradabteil halten sollte, Treppe und Aufzug in entsprechender Entfernung. Weil der nächste Zug in Frankfurt dann noch auf Reisende eines anderen verspäteten ICE warteten musste und in Karlsruhe irgendwelche Randalierer aus dem Zug entfernt werden mussten, war es dann nach halb zwei bis wir in Stuttgart ankamen. Zum Glück blieb uns dank familiärer Notunterkunft mit Gepäcktransport ab Bahnhof die 40km lange Nachtfahrt bis zum eigenen Bett erspart. Nach einer erfrischenden Dusche, einem gemütlichen Bett, einem leckeren Frühstück und schönen Stunden des gemütlichen Zusammenseins, machten wir uns am nächsten Nachmittag auf die letzte Etappe – mit dem Rad statt der Deutschen Bahn 🤣. Unser Dank geht im Übrigen an die MitarbeiterInnen der DB, die ob den Unzulänglichkeiten ihres Arbeitgebers und dem Unmut ihrer Kundschaft einen großartigen Humor, viel Verständnis und Geduld bewiesen haben und auch für uns am Ende eine Lösung gefunden haben. Nur deshalb werden wir irgendwann wieder mit Rad in einen Zug steigen. Wann das sein wird steht noch nicht fest. Fest steht aber:  Wir sind mit der Erkundung Europas noch lange nicht am Ende! 

Die „Fahrradschlange“ von Kopenhagen diente dem Tübinger OB Palmer als Vorlage für sein „Blaues Band“ in Tübingen. Was dort architektonisch und verkehrsplanerisch noch deutlich aus dem Rahmen fällt, ist in Kopenhagen fast nichts Besonderes mehr. Beinahe hätten wir nicht gemerkt, dass wir auf einer der bekanntesten Radbrücken unterwegs sind, so normal ist diese Wegeführung in Kopenhagen.

Ein Kommentar

  1. Thorsten

    Bei der wilden Zug“fahrt“, sofern er denn fährt, weiß man wieder in Deutschland zu sein. Manche Dinge ändern sich nie, darin ist die DB äußerst standhaft 🤣
    Das mit der zunehmenden Ermüdung kenne ich mittlerweile auch und das Auffassungsvermögen für neue Eindrücke nähert sich doch allmählig der Kapazitätsgrenze. Ich genieße aktuell die letzten Tage in Schweden, bzw. aktuell Dänemark (Bornholm), und freue mich auch darauf bald das Radparadies Kopenhagen kennen zu lernen.

    Viele liebe Grüße Euch beiden
    Thorsten

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